
Identifikation funktionaler genetischer Varianten in allel-spezifischen Chromatinkontaktpunkten mittels Genome Architecture Mapping
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Zusammenfassung
Die Identifizierung funktionaler Effekte von somatischen und vererbten genetischen Varianten ist eine der dringendsten Herausforderungen der Genomik mit weitreichenden Auswirkungen auf unser Verständnis von gesundem und krankem Gewebe. Herkömmliche Ansätze haben sich auf die genomweite Assoziation von Varianten mit Veränderungen der Genexpression (GWAS) konzentriert, die unser Verständnis von menschlichen Krankheiten revolutioniert haben. Trotz ihres Erfolgs leiden die GWAS-Ansätze unter zwei wesentlichen Nachteilen. Erstens, während die Auswirkungen einiger genetischer Varianten direkt in den Expressionsniveaus sichtbar sein können, wird die Funktionalität dieser Varianten in vielen Fällen durch häufig ignorierte intermediäre Phänotypen, wie epigenetische Modifikationen und Chromatin-Interaktionen, bestimmt. Zweitens sind GWAS-Ansätze nur für häufig auftretende Varianten mit einer Frequenz von mehr als 1% in der Bevölkerung durchführbar. Bei Krebs, der durch ubiquitäre somatische Mutationen mit nur geringer bis keiner Wiederkehr gekennzeichnet ist, sind diese Ansätze auf die Aggregation von somatischen Mutationen in genomischen Fenstern angewiesen, was die Detektionsleistung stark einschränkt.
Ziel des hier vorgestellten Projektes ist die Entwicklung neuer computergestützter Ansätze zur Identifizierung funktioneller genetischer Variation, die Chromatinstruktur und Promotor - Enhancer - Interaktionen beeinflussen. Zur Überwindung des schwachen Signal-RauschVerhätnisses menschlicher Proben und zur Erhöhung der Detektionsleistung, schlagen wir vor, mittels Genome Architecture Mapping (GAM) allelspezifische Chromatinkontakte zu detektieren. GAM ist eine neuartige ligationsfreie genomweite experimentelle Technik, die von unserer Kollaborationspartnerin Ana Pombo am MDC entwickelt wurde. Wir werden GAM für die Rekonstruktion elterlicher Haplotypen verwenden, haplotypspezifische Kontaktmatrizen ableiten und daraus Algorithmen des maschinellen Lernens entwickeln, die differentielle Chromatinkontakte aus ihrem Sequenzkontext vorhersagen.
Dieser neuartige Prädiktor wird anschliessend verwendet werden, um die Auswirkungen somatischer genetischer Varianten auf Genexpressionslevel aus dem Pan-Cancer Analysis of Whole Genomes (PCAWG) Konsortium zu untersuchen, in welchem wir derzeit in einer Arbeitsgruppe tätig sind die sich mit Genom-Transkriptom-Interaktionen beschäftigt. Unter Verwendung dieser vorhergesagten Chromatinkontaktänderungen als intermediärer Phänotyp werden wir einen neuen Weg zur Assoziation multipler somatischer Varianten in ihrem Sequenzkontext mit allel-spezifischer Expression herleiten und dadurch die Beschränkungen herkömmlicher GWAS-Ansätze in somatischen Assoziationsstudien überwinden. Diese Arbeit wird neues Licht auf die Auswirkungen somatischer genetischer Variation auf den Chromatinfaltung werfen, uns erlauben, funktionale somatische regulatorische Varianten zu identifizieren und neue krebsrelevante Gene zu identifizieren.